Baumleitplanung im Schillerkiez – Bäume im Schillerkiez richtig bewerten und pflegen

Im Rahmen des Stadtentwicklungskonzeptes „Lebendiges Quartier Schillerpromenade“ befaßt sich ein Gutachten mit dem Zustand der Straßenbäume. Allerdings gibt es Bedenken bezüglich der Einschätzung von Vitalität und Maßnahmen, der Absicht bei Nachpflanzungen andere Baumgattungen zu verwenden sowie der rudimentären Bürgerbeteiligung.

Wie bekannt leiden Straßenbäume besonders unter Klimawandel und Standort und kämpfen mit Wasser- und Nährstoffmangel. Da bietet ein Gutachten dass sich detailiert mit ihrem Zustand auseinandersetzt und Maßnahmen vorschlägt eine gute Diskussionsvorlage.

Beeindruckend ist zuerst die Genauigkeit der Gehölzbestimmung. Allein acht unterschiedliche Lindenarten bzw. Sorten werden identifiziert. Sie stellen ca. ¾ des Bestandes zuzügl. anderer Ergänzungen. Die Platanen der Schillerpromenade blieben wegen bereits erfolgten Schnittmaßnahmen von den Untersuchungen ausgespart.

Die Bewertung ist im Wesentlichen nachvollziehbar. Demnach ist die Vitalität der 620 Bäume zur Hälfte scheinbar leicht und zu einem Drittel deutlich geschwächt. Erfreulicherweise sehen die Bäume vor Ort mehrheitlich besser aus und deutliche Schadbilder wie am Herrfurthplatz sind aktuell die Ausnahme. Die Regenerationsfähigkeit nach extrem trockenen Jahren scheint unterschätzt. Auch sollte ein Baumalter über 80 Jahre nicht automatisch als Negativfaktor zählen.

Damit der Schillerkiez als Referenzfläche gelten kann wäre eine Fortschreibung bzw. regelmäßige Beobachtung durch einen Auftragnehmer oder die Verwaltung notwendig. Verschlechterung oder Verbesserung des Baumbestandes – auch bezüglich durchgeführter Maßnahmen – könnten so dokumentiert werden.

Die vorgeschlagenen Maßnahmen bzw. Teilmaßnahmen sind unterschiedlich aufwendig. Die Vergrößerungen der Baumscheiben samt durchgängigem Grünstreifen auf dem Gehweg erscheinen machbar und sinnvoll. Straßenparallele Grünstreifen oder Banquette in denen die Bäume stehen sind bereits seit langem in Siedlungsbereichen mit lockerer Bebauung üblich.

Neue Maßnahmen zur Verbesserung der Wuchs- bzw. Bodenbedingungen dürfen jedoch nicht die Standsicherheit gefährden. Erinnert sei an das Jahr 2017 wo auf Trockenheit Dauerregen und ein Sturm folgte, der vollbelaubte Bäume aushebelte. Ob Banquette ausreichen, die nur das Regenwasser von den Gehwegen aufnehmen, muß sich zeigen und die Option zur Nachrüstung mit Wasserrinnen offen gehalten werden.

Grundsätzlich schwierig und teuer wird es, wenn Tiefbaumaßnahmen wie zusätzliche Regenwasserrinnen auf Gehweg oder Straße sowie unterwurzelungsfähige Stellplätze dazukommen sollen (Vorschläge Leinestraße, Selchower Straße). Gleiches gilt für ein straßenwärtiges Versetzen des Bordsteins bei Aufgabe des Querparkens (Vorschlag Oderstraße). Daneben ist der Parkdruck durch NutzerInnen des Tempelhofer Feldes beträchtlich und bei Verringerung der Stellpätze eine Regelung für ein bevorzugtes Anliegerparken überlegenswert.

Abgängige Bestandsbäume durch klimaresilente andere Gattungen zu ersetzen ergäbe ein unruhiges und dem Gründerzeitquartier nicht angemessenes Straßenbild. Um den alleeartigen Charakter zu erhalten sollte hier entsprechend des Bestandes ergänzt werden. Also meist mit Linden – wie sie die Liste geeigneter Straßenbäume der Gartenamtsleiter aufführt.

Insgesamt muß für den Schillerkiez der Hauptaspekt auf einem realistischen Bestandserhalt liegen. Wenn daraus ein Modellvorhaben werden soll, müssen die vorgeschlagenen Maßnahmen und Teilmaßnahmen auf ihre Umsetzbarkeit überprüft werden. Diese sollten einfach und quartierweise durchzuhalten sein (und nicht überzogen wie bei der Umgestaltung des Karl-Marx-Platzes, wo Wasserwerke und Denkmalschutz die Notbremse gezogen haben).

Darüberhinaus scheinen die Vorschläge für Neubauviertel wie z. B. die „Buckower Felder“ relevant. Hier können neue Straßenbaumgattungen getestet, bei vertretbarem Aufwand die Pflanzgruben ausreichend groß ausgehoben sowie Wurzelraum unter Stellstreifen o. ä. geschaffen werden.

Über das Gutachten braucht es noch eine breite bürgerschaftliche und fachliche Diskussion bevor überhaupt an eine Umsetzung gedacht werden kann – und zwar vor Ort.

MF

Siehe auch: