Der nächste Mietentisch findet statt im elele Nachbarschaftszentrum, 2. Stock Hobrechtstr. 55, 12047 Berlin Neukölln (weißes Haus hinter dem Spielplatz).

Kontakt: info@mietenbuendnis.de.

Baumleitplanung im Schillerkiez – Bäume im Schillerkiez richtig bewerten und pflegen

Im Rahmen des Stadtentwicklungskonzeptes „Lebendiges Quartier Schillerpromenade“ befaßt sich ein Gutachten mit dem Zustand der Straßenbäume. Allerdings gibt es Bedenken bezüglich der Einschätzung von Vitalität und Maßnahmen, der Absicht bei Nachpflanzungen andere Baumgattungen zu verwenden sowie der rudimentären Bürgerbeteiligung.

Wie bekannt leiden Straßenbäume besonders unter Klimawandel und Standort und kämpfen mit Wasser- und Nährstoffmangel. Da bietet ein Gutachten dass sich detailiert mit ihrem Zustand auseinandersetzt und Maßnahmen vorschlägt eine gute Diskussionsvorlage.

Beeindruckend ist zuerst die Genauigkeit der Gehölzbestimmung. Allein acht unterschiedliche Lindenarten bzw. Sorten werden identifiziert. Sie stellen ca. ¾ des Bestandes zuzügl. anderer Ergänzungen. Die Platanen der Schillerpromenade blieben wegen bereits erfolgten Schnittmaßnahmen von den Untersuchungen ausgespart.

Die Bewertung ist im Wesentlichen nachvollziehbar. Demnach ist die Vitalität der 620 Bäume zur Hälfte scheinbar leicht und zu einem Drittel deutlich geschwächt. Erfreulicherweise sehen die Bäume vor Ort mehrheitlich besser aus und deutliche Schadbilder wie am Herrfurthplatz sind aktuell die Ausnahme. Die Regenerationsfähigkeit nach extrem trockenen Jahren scheint unterschätzt. Auch sollte ein Baumalter über 80 Jahre nicht automatisch als Negativfaktor zählen.

Damit der Schillerkiez als Referenzfläche gelten kann wäre eine Fortschreibung bzw. regelmäßige Beobachtung durch einen Auftragnehmer oder die Verwaltung notwendig. Verschlechterung oder Verbesserung des Baumbestandes – auch bezüglich durchgeführter Maßnahmen – könnten so dokumentiert werden.

Die vorgeschlagenen Maßnahmen bzw. Teilmaßnahmen sind unterschiedlich aufwendig. Die Vergrößerungen der Baumscheiben samt durchgängigem Grünstreifen auf dem Gehweg erscheinen machbar und sinnvoll. Straßenparallele Grünstreifen oder Banquette in denen die Bäume stehen sind bereits seit langem in Siedlungsbereichen mit lockerer Bebauung üblich.

Neue Maßnahmen zur Verbesserung der Wuchs- bzw. Bodenbedingungen dürfen jedoch nicht die Standsicherheit gefährden. Erinnert sei an das Jahr 2017 wo auf Trockenheit Dauerregen und ein Sturm folgte, der vollbelaubte Bäume aushebelte. Ob Banquette ausreichen, die nur das Regenwasser von den Gehwegen aufnehmen, muß sich zeigen und die Option zur Nachrüstung mit Wasserrinnen offen gehalten werden.

Grundsätzlich schwierig und teuer wird es, wenn Tiefbaumaßnahmen wie zusätzliche Regenwasserrinnen auf Gehweg oder Straße sowie unterwurzelungsfähige Stellplätze dazukommen sollen (Vorschläge Leinestraße, Selchower Straße). Gleiches gilt für ein straßenwärtiges Versetzen des Bordsteins bei Aufgabe des Querparkens (Vorschlag Oderstraße). Daneben ist der Parkdruck durch NutzerInnen des Tempelhofer Feldes beträchtlich und bei Verringerung der Stellpätze eine Regelung für ein bevorzugtes Anliegerparken überlegenswert.

Abgängige Bestandsbäume durch klimaresilente andere Gattungen zu ersetzen ergäbe ein unruhiges und dem Gründerzeitquartier nicht angemessenes Straßenbild. Um den alleeartigen Charakter zu erhalten sollte hier entsprechend des Bestandes ergänzt werden. Also meist mit Linden – wie sie die Liste geeigneter Straßenbäume der Gartenamtsleiter aufführt.

Insgesamt muß für den Schillerkiez der Hauptaspekt auf einem realistischen Bestandserhalt liegen. Wenn daraus ein Modellvorhaben werden soll, müssen die vorgeschlagenen Maßnahmen und Teilmaßnahmen auf ihre Umsetzbarkeit überprüft werden. Diese sollten einfach und quartierweise durchzuhalten sein (und nicht überzogen wie bei der Umgestaltung des Karl-Marx-Platzes, wo Wasserwerke und Denkmalschutz die Notbremse gezogen haben).

Darüberhinaus scheinen die Vorschläge für Neubauviertel wie z. B. die „Buckower Felder“ relevant. Hier können neue Straßenbaumgattungen getestet, bei vertretbarem Aufwand die Pflanzgruben ausreichend groß ausgehoben sowie Wurzelraum unter Stellstreifen o. ä. geschaffen werden.

Über das Gutachten braucht es noch eine breite bürgerschaftliche und fachliche Diskussion bevor überhaupt an eine Umsetzung gedacht werden kann – und zwar vor Ort.

MF

Siehe auch:

Mehrheitlich gegen Investorenprojekt am Hermannplatz

Zur Veranstaltung von SenStadtBauWohnen, „Grundlagenermittlung Hermannplatz“, „Zielgruppenwerkstatt Städtebau, Hochbau u. Denkmalschutz“ am 18.11.21 auf dem Kindlgelände 

Die massiven Zweifel an einem ergebnisoffenen Beteiligungsprozeß zu Karstadt am Hermannplatz haben sich bestätigt.

Die Arbeitsgruppe „Städtebau, Hochbau u. Denkmalschutz“ war z. B. mit mehreren Signa-Vertretern besetzt. Dem in ihrem Auftrag mit der Neubauplanung befaßten Büro Chipperfield wurde die Gelegenheit zu einer ausführlichen PP-Präsentation gegeben. Sie geriet zu einer Mängeldarstellung des Bestandsgebäudes. Dazu kam der Versuch, den Denkmalwert eben dieses – gerade wegen seiner Distanzierung von der Monumentalarchitektur der Vorkriegszeit – komplett unter Denkmalschutz stehende Gebäudes auf das 20er Jahre-Relikt sowie Treppenhäuser u. Untergeschosse (!) zu reduzieren.

Von einem neutralen Denkmalschutzgutachten wird nun erwartet, dass es die bauliche Qualität des Bestandsbaues detailliert erfaßt. Dazu gehört auch das Herausarbeiten seiner städtebaulichen Funktion als sich in die Maßstäblichkeit des Hermannplatzes und seiner Randbebauung einfügender Kaufhausbau.

Die in der kontroversen Diskussion von den anderen Teilnehmern eingebrachten städtebau- u. sozialverträglichen Kompromissansätze wie den Umbau u. eine geringe Aufstockung des Bestandsgebäudes und eine Neunutzung des Parkhauses geben die Mehrheitsmeinung wieder.

Der Hermannplatz an sich ist ein multikodierter Platz. Die bezirkl. Handels- und Zentrenkonzepte sehen ihn und das heutige Kaufhaus als funktionierenden „Anker“ im Gefüge der Einkaufsstraßen und zusammen mit den Neukölln-Arkaden, der Neuen Welt u. dem NKZ am Kottbusser Tor. Durch seine gute Verkehrserschließung fungiert er zugleich als Verteiler für die Nahversorgung und bindet darüber hinaus das Hauptzentrum Alexanderplatz an. Dabei erscheint die Präsentation der Geschäfte bzw. deren Öffnung zum Hermannplatz selbst noch nicht ausgereizt und ein Angebot mit gepflegter Außengastronomie an seinen Rändern vorstellbar. Erhalten, bzw. vergrößert und für den Aufenthalt qualifiziert werden muß eine mittige Freifläche für den Wochenmarkt, als gesellschaftlicher Treffpunkt und als Ort politischer Demonstrationen.

Augenscheinlich ist der Hermannplatz ein leistungsfähiger Verkehrsknoten mit sechs einmündenden Straßen und zwei U-Bahnlinien. Es bedarf einer gestalterischen Reaktion auf die wünschenswerte Steigerung des Anteils von Fuß- und Radverkehr sowie des ÖPNV – insbesondere durch die Verringerung der Fahrspuren für den MIV am Platz und den zuführenden Straßen. Die Freihaltung des Platzes von einer künftigen Tramhaltestelle erscheint folgerichtig sowie eine Herausnahme des Autoverkehrs an der Ostseite wünschenswert.

Entsprechende Maßnahmen sind zugleich die Voraussetzung für die Verbesserung der Aufenhaltsqualität und der Sicherheit. Sie sind mit u. in einem überschaubaren Aufwand und Zeitraum durchführbar was insbes. für inhabergeführte Gewerbe existenziell seien kann. Über das „Verbesserungspotenzial“ hinaus ist m. E. kein Bedarf an einer grundlegenden Umwandlung festzuhalten.

Dagegen steht, dass mit dem – unter Ausnutzung einer sozialen Notlage während der Pandemie zwischen reg. Bürgermeistern u. Signa entstandenen – LOI seit 2020 vom Investor versucht wird, eine Baugenehmigung für ein Hochhausprojekt am Hermannplatz vorwegzunehmen. Als Instrument soll ein vorhabenbezogener, vom Investor selbst erstellter Bebauungsplan durchgesetzt werden. Dass der Senat darüber hinaus sowohl das Verfahren für das Gebäude (wie für den Platz) gegen den Willen der betroffenen bezirkl. Fachverwaltungen an sich gezogen hat, zwei Berliner Koalitionsparteien und eine bürgerschaftliche Initiative mit mehreren Tausend gesammelten Unterschriften das Vorhaben ablehnen, kennzeichnet die konfrontative Situation.

Ein „Durchregieren“ eines neuen Bausenators wäre ein falsches Signal. Denn ein höchst umstrittenes Projekt eines privaten Großinvestors darf nicht zur Spaltung der Stadtgesellschaft führen. Notwendig ist stattdessen die Durchführung eines ergebnisoffenen partizipativen Beteiligungsverfahren – mit einer neuen Runde.

Wir wollen das Vorkaufsrecht zurück !

Am Samstag 27.11.2021 findet eine Demo zum Urteil zum Vorkaufsrecht statt. Sie beginnt um 14 Uhr bei der H48 (Hermannstraße 48 / Höhe Boddinstraße). Dort gibt es Redebeiträge, dann gehen sie weiter bis zum Kotti und machen einen Zwischenstop an der Sanderstraße für einen Redebeitrag. Am Kotti findet eine Abschlußkundgebung statt.

Das Vorkaufsrecht wurde durch das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 9.11.2021 so stark eingeschränkt, dass seine Anwendung im Sinne des Mileuschutzes praktisch verunmöglicht wurde. Die Zukunft dieses letzten Instruments gegen Gentrifizierung und Verdrängung ist ungewiss. Wir, die durch das Vorkaufsrecht zumindest bescheidene Spielräume für eine gerechtere Stadtentwicklung hatten, fordern die zügige Schaffung einer gesetzlichen Grundlage im Baugesetzbuch, die die Ausübung des Vorkaufsrechts wieder ermöglicht und auf sichere Füße stellt. Wir, das sind betroffene, organisierte Hausgemeinschaften, Vereine und stadtpolitische Initiativen aus den Kiezen, wollen echten Milieuschutz und keine weitere Verdrängung hinnehmen.

Wir sind wütend über das politische Spiel um Stadtentwicklung. Das BVerwG hat sich streng an den Wortlaut von § 26 BauGB gehalten, der Ausnahmen vom Vorkaufsrecht regelt und den Sinn und Zweck des Vor- kaufsrechts im Sinne des Milieuschutzes faktisch untergräbt. Trotz allen Drängens aus der Landespolitik ist der Gesetzgeber auf Bundesebene nicht aktiv geworden.

Die Koalitionär*innen der künftigen Bundesregierung stehen nun in der Pflicht und Verantwortung, das Versäumnis von CDU und SPD zu korrigieren. Die blockierenden Parteien müssen das Recht auf Stadt anerkennen! Die Mieter*innenbewegung fordert seit Jahren mehr Schutz vor Spekulation mit Wohnraum. Dies muss nun konsequent und vor allem rechtssicher umgesetzt werden!

Bis die künftige Bundesregierung ein Gesetz verabschieden wird, das die Ausübung von Vorkäufen wieder ermöglicht, sind viele Mieter*innen und Hausgemeinschaften noch akuter von Verdrängung bedroht als sonst. Auf allen politischen Ebenen sind dringendst Maßnahmen zu ergreifen, um eine Beschleunigung des Ausverkaufs unserer Städte zu verhindern und der Spekulation mit Wohnraum endlich Einhalt zu gebieten.

Die Abwendungsvereinbarungen, die in Berlin im Zuge von Vorkaufsprüfungen für etwa 9000 Wohnungen geschlossen wurden, laufen nun Gefahr, ihre Schutzwirkung zu verlieren. Es müssen Lösungen gefunden werden, ihre Einhaltung zu erzwingen. Hinzu kommen die Hausgemeinschaften, für die bereits ein Vorkaufsbescheid ausgestellt ist, der aufgrund von einer Klage aber noch nicht rechtskräftig ist. Auch diese Häuser dürfen jetzt nicht hintenüberfallen, sondern müssen bei der Erarbeitung von Zwischenlösungen Berücksichtigung finden und dürfen nicht ihren Investor*innen ausgeliefert werden!

Wir werden nicht hinnehmen, dass anstelle der Mieter*innen die Profitmaximierung geschützt wird!

WIR FORDERN:

  • Schaffung einer sicheren Rechtsgrundlage für die Ausübung des Vorkaufsrechts im BauGB
  • Erarbeitung einer Zwischenlösung für Häuser in Erhaltungsgebieten, die verkauft werden, bevor ein solches Gesetz besteht
  • Gewährleistung der Einhaltung der bereits geschlossenen Abwendungsvereinbahrungen
  • Erarbeitung einer Zwischenlösung für klageanhängige Vorkaufsfälle

Zum „Faktencheck“ Kiezblocks

Unter https://www.kiezblocks.de/konzept/faktencheck/ gibt es einen „Faktencheck“ zum Thema Kiezblocks.  Hier einige Anmerkungen dazu aus Sicht des Bündnisses für bezahlbare Mieten Neukölln. Vorab ist es uns aber wichtig festzustellen, dass auch wir – gerade angesichts der immer dramatischer werdenden Folgen des Klimawandels – die Notwendigkeit für einen Wandel zu einer umweltfreundlichen Verkehrspolitik sehen, also insbesondere die Stärkung von ÖPNV und  Fahrradverkehr sowie den Schutz von Fußgänger:innen. Dazu gehören großflächige Geschwindigkeitsreduzierungen, Begrenzung des Durchgangsverkehrs in den Quartieren und die Einschränkung der Nutzung des öffentlichen Raums durch PKW zugunsten der Anwohner:innen. Insofern gehen wir bei den meisten Punkten des o.a. „Faktenchecks“ mit.

Gleichzeit aber bedingen sich Umweltschutz und soziale Gerechtigkeit gegenseitig und dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden. Soweit der o.a. „Faktencheck“ soziale Fragen berührt, sehen wir daher einzelne Ausführungen kritisch.

Was hier fehlt ist eine gute Analyse, die die Ursachen der diversen Probleme benennt – u.a. ein gesteigertes Anspruchsdenken wie ein vermeintliches Anrecht der Radfahrer:innen die Gehwege zu nutzen, wenn die Straße nicht fahrradfreundlich ist, in diesen Zusammenhang gehört auch die Nutzung der Gehwege für die div. neuen Lieferdienste, Leihräder u. Roller und durch Außengastronomie. Weiterhin die immer größer werdenden Auslagen der Geschäfte und ihre aggressive Werbung, die Übernutzung von Grünanlagen und wildes Parken von PKW. Wir alle wollen mehr Aufenthaltsqualität in den Kiezen. Die damit verbundene Aufwertung führt aber erfahrungsgemäß zur Verdrängung von sozial schwachen Mieter:innen in weniger attraktive Wohnlagen (wie verlärmte Straßen).

Lieferverkehr und Einzelhandel

  • Dank der Verkehrsberuhigung gehören dann Staus und ewige Parkplatzsuche der Vergangenheit an
    Da wäre erst mal die Frage, ob dies überhaupt das Ziel eines Kiezblocks ist, denn eigentlich wollen wir ja weniger Autos, und da ist das Angebot an Parkplätzen ein wichtiges Steuerungsinstrument. Sprich evtl. wird man auch das Angebot an Parkplätzen reduzieren. Das ganze wird auch von einer künftigen Parkraumbewirtschaftung abhängen.
  • Weniger Durchgangsverkehr bedeutet weniger Lärm und Abgase sowie mehr Stadtgrün. Das ist nicht nur gesünder, sondern führt auch dazu, dass viele Menschen lieber ihr Fahrrad nehmen oder entspannt zu Fuß einkaufen gehen.
    Ob Kiezblocks tatsächlich dazu führen, dass man entspannt zu Fuß einkaufen gehen kann, hängt davon ab wie der öffentliche Raum im Weiteren genutzt wird. Wenn die Gehwege stärker von Gastronomie oder Party-Publikum genutzt werden, könnte genau das Gegenteil eintreten. Speziell in Nordneukölln lässt der Bezirk keine Absicht erkennen, die Sondernutzung der Gehwege einzuschränken – eher im Gegenteil, weil man im Sinne der Wirtschaftsförderung an einer touristischen Infrastruktur interessiert ist. Ob weniger Durchgangsverkehr automatisch mehr Stadtgrün bedeutet, ist auch zumindest nicht offensichtlich.
  • Fußgänger*innen und Radfahrer*innen lassen sich von Schaufenstern inspirieren, erkunden spontan ein neu eröffnetes Geschäft oder holen sich einen Kaffee, weil der sonnige Tag dazu einlädt. Flächen, die nicht mehr als Parkraum genutzt werden, können zudem der Außengastronomie zur Verfügung gestellt werden. Gerade in den wärmeren Monaten werden diese den Platz gebrauchen können – denn die neu gewonnene Ruhe und saubere Luft wird mehr Gäste in Straßencafés, Bars und Restaurants ziehen.
    In Nordneukölln gibt es durch die Sondernutzung der Gehwege schon jetzt eine Überlastungssituation. Insbesondere die Außengastronomie sorgt für eine hohe Lärmbelastung v.a. in den Nachtstunden und verdrängt anderes Kleingewerbe – in Nordneukölln muss man inzwischen schon von einer gewerblichen Monokultur sprechen. Trotz jahrelanger Bemühungen der Anwohner:innen ist es bisher noch nicht gelungen den negativen Folgen dieser Entwicklung etwas entgegen zu setzen. Auch seitens des Bezirks ist bislang wenig passiert, ordnungspolitische Maßnahmen zeigen keine Wirkung.

Gentrifizierung

  • Gentrifizierung und die autogerechte Stadt sind zwei verschiedene Probleme, die nicht gegeneinander ausgespielt werden dürfen, sondern gemeinsam bekämpft werden müssen.
    Das ist korrekt. Tatsache ist aber auch, dass sich durch eine Steigerung der Aufenthaltsqualität eines Quartiers die Wohnlage und damit zwangsläufig die Mieten erhöhen. Im Reuterkiez ist dies in den letzten 20 Jahren exemplarisch zu belegen – in diesem Zeitraum sind mindestens die Hälfte der Anwohner:innen ausgetauscht worden. Als Folge dieser Entwicklung hat sich zwar die Sozialstruktur des Reuterkiezes verbessert, das aber auf Kosten der sozial Schwächeren, die schon aus unserem Kiez verdrängt wurden.
  • Die Ansicht „Alles muss schlecht bleiben, damit die Mieten nicht steigen”, würde im Umkehrschluss bedeuten, man müsse alles, was die Lebensqualität senkt, fördern.
    Das klingt zynisch. Es geht nicht darum, dass alles schlecht bleiben muss. Wir Aktive im Reuterkiez arbeiten seit vielen Jahren hart daran, die Situation hier im Quartier zu verbessern, sei es beim Thema Mieten, Müll, Kneipenlärm usw. Das Problem ist nur, dass Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung einfacher und schneller umzusetzen sind als die Verbesserung der sozialen Struktur. Es gibt hier zwei Geschwindigkeiten.
  • Kiezblocks sorgen nicht nur für ein besseres Leben für alle, sondern insbesondere für die weniger wohlhabenden Menschen. Denn diese leben oft an Orten mit hohem Verkehrsaufkommen und weniger Aufenthaltsqualität (siehe auch Hauptstraßen). Kiezblocks sorgen also für mehr und nicht weniger soziale Gerechtigkeit.
    Aufenthaltsqualität und soziale Gerechtigkeit sind zwei verschiedene Dinge. Wenn eine Familie ihre Miete nicht mehr bezahlen kann, hilft ihr eine höhere Aufenthaltsqualität im Quartier wenig.
  • Um der Verdrängung darüber hinaus entgegenzuwirken, haben wir uns mit unserer Kiezblocks-Kampagne ein ambitioniertes Ziel gesetzt: 180 Kiezblocks für Berlin – das sind bereits 40 Prozent aller Berliner Kieze. Die Idee dahinter: Wenn ein Großteil der Stadt aufgewertet wird, dann gibt es auch keine Verdrängung aus wenigen schönen Kiezen.
    Dass dieser Effekt eintritt, ist zweifelhaft, dafür ist der Druck auf dem Wohnungsmarkt einfach zu groß. Verdrängung entsteht ja neben deutlich höheren Bestandsmieten v.a. dadurch, dass bei Neuabschlüssen weniger zahlunbgskräftige Mieter:innen nicht mehr zum Zuge kommen. Außerdem laufen demografische Prozesse über längere Zeiträume und nicht so gradlinig.

Lärmbelastung und Müll

  • Für das Problem des nächtlichen Lärms gibt es Lösungen, wie bspw. entsprechende Schilder oder Kiezläufer*innen, die nachts für Ruhe sorgen. Prinzipiell ist es aber eine Sache, die Anwohner*innen gemeinsam steuern können: Regelmäßige Treffen mit lokalen Gewerbetreibenden, Interessengruppen und Behörden können viele Probleme im Keim ersticken.
    Derartige Ansätze gab es in den vergangenen Jahren zahlreich, diese gingen ausschließlich von den lärm- und müllgeplagten Anwohner:innen aus. Seitens der Gastwirte und der Politik gab es bislang keinen erkennbaren Willen, das Problem zu lösen bzw mit den Anwohner:innen in einen konstruktiven Austausch zu treten. Die Vorstellung, das Problem auf diese Weise zu lösen, ist durch die Realität widerlegt. Es stellt sich auch die Frage, warum es den Anwohner:innen auferlegt wird, ein Problem zu lösen, das andere geschaffen haben.

Demokratie und Beteiligung

  • Es profitieren aber insbesondere ärmere Menschen, die oft an Orten mit viel Lärm und Luftverschmutzung leben, weniger Wohnraum zur Verfügung haben und seltener einen Balkon oder Garten besitzen.
    Dass insbesondere ärmere Menschen von den Kiezblocks profitieren ist zweifelhaft, vielmehr adressieren Kiezblocks eher ein gut gebildetes und verdienendes Mittelstandspublikum. Für ärmere Menschen stehen ganz andere Probleme im Vordergrund.
  • „Schließlich profitieren ältere Menschen, von denen es in unserer Gesellschaft immer mehr gibt, sowie mobilitätseingeschränkte Anwohner*innen. Viele von ihnen trauen sich heute wortwörtlich nicht mehr vor die Tür, aus Angst vor dem Verkehr“.
    Ältere und mobilitätseingeschränkte Menschen haben v.a. ein Problem mit der übermäßigen Sondernutzung der Gehwege, die durch Kiezblocks eher gefördert werden. So ist es abends für solche Menschen nahezu unmöglich mit Tischen und Stühlen vollgestellte Gehwege zu durchqueren. Ein weiteres Problem sind die vielen Fahrradfahrer die wegen der schlechten Pflasterung der Straßen auf den Gehwegen unterwegs sind und Fußgänger gefährden.  Wenn der Autoverkehr eingeschränkt wird (was sehr zu begrüßen wäre) ist aber nicht damit zu rechnen, dass abseits der Fahrradstraßen der Straßenbelag aufgewertet wird.

Berliner Senat will 20000 Wohnungen kaufen

Die geplante Übernahme der Deutschen Wohnen durch Vonovia gilt als Abwehrreaktion auf das erfolgreiche Volksbegehren DW & Co enteignen. Wir werden das VB weiter unterstützen damit auch die 3. Stufe Volksentscheid im September ein Erfolg wird. Dann würde der kommunale Bestand um 243.000 Wohnungen aufgestockt.

Die dem Berliner Senat von den Immobilienkonzernen im Zuge der Fusion offerierten 20.000 Wohnungen sind trotzdem ein Angebot dass man schwer ablehnen kann. Obwohl es sich um sanierungsbedürftige B-Lagen zu überteuerten Preisen handelt – in Neukölln wohl um Teile der High-Deck-Siedlung und der Gropiusstadt.

Wir fordern eine Offenlegung der Verhandlungen zwecks Kontrolle über betroffene Bestände, Konditionen u. Preis sowie eine Abstimmung im Abgeordnetenhaus. Dies umfaßt auch die Finanzierung des Kaufes. Mit einem Trick das AgH zu umgehen – wie keine Berliner Haushaltsmittel zu verwenden, sondern eine Finanzierung über den Kapitalmarkt durch die LWUs u./o. die Berlinovo – lehnen wir als undemokratisch ab. Auch darf es keine Umgehung der Grunderwerbssteuer – 1 Mrd. Euro – durch Share Deal zu Lasten von Berlin geben.

Dabei steht das Ganze für SPD und Immobilienkonzerne unter dem Zeitdruck des Wahltermins. Sie wollen die Entscheidungen Ende August getroffen sehen – wir am Besten den Volksentscheid abwarten.

Housing Action Day 27.3.2021


Alle Bilder Sabine Wagenfeld

Mitmachen bei der Kampagne „Deutsche Wohnen Enteignen“

Im folgenden ein Aufruf der Kampagne Deutsche Wohnen Enteignen / DWE – siehe Text ganz unten.

Dazu einige Infos: Die zweite Sammelphase von DWE läuft 24.2.2021 bis 24.6.2021, 170.000 gültige Unterschriften sind notwendig, 220.000 werden anvisiert um Sicherheitspuffer zu haben. Die Kampagne wird im wesentlichen von den Kiez-Teams in den Bezirken getragen. Um im Vorfeld optimal vorbereitet zu sein, können wir das Neuköllner Kiezteam unterstützen, insbesondere

  • Eure Bereitschaft erklären, ab dem 24.2. aktiv zu sammeln, entweder als Ini oder Einzelperson, gebt Name, Mailadresse und Telefonnummer bei den Kiezteams durch – entweder per https://www.dwenteignen.de/mitmachen/ oder an info@mietenbuendnis.de, wir geben das dann direkt an das Neuköllner Kiezteam weiter.
  • „Solidarische Orte“ ausfindig machen, an denen Unterschriftenlisten, Flyer und Materialien ausliegen und Unterschriftlisten abgegeben werden können. Dies können Geschäfte, Cafés, Stadtteilzentren usw sein,
  • potentielle Bündispartner – Inis, Projekte, Organisationen usw – mobilisieren.

Diese Infos werden von DWE zur Koordination gesammelt, andererseits wäre es hilfreich, wenn Ihr in Eurem Umfeld selber Ansprechparter:in seid, um das Kiezteam zu entlasten. Flyer zur Kampagne in kleinen Mengen gibt es im elele Nachbarschaftsheim Hobrechtstraße oder im Stadtteilbüro Reuterkiez Rütlistraße. Wenn Ihr größere Mengen braucht, wendet Euch direkt an DWE oder schreibt an info@mietenbuendnis.de, wir informieren Euch dann, wenn sie nachgedruckt werden.


Liebe Mitstreiter*innen,

nach Jahren der Spekulation und der explodierenden Mieten in Berlin fordern wir ein Ende des Wahnsinns: Wir wollen etwa 240.000 Wohnungen von Immobilienkonzernen vergesellschaften – mit dem Volksentscheid „Deutsche Wohnen & Co. enteignen“.

Ab Ende Februar 2021 haben wir vier Monate Zeit um 170.000 gültige Unterschriften zu sammeln, damit über unser Volksbegehren abgestimmt wird. 25.000 Unterschriften davon wollen wir in Neukölln sammeln.

Damit das klappt, brauchen wir sehr viele Sammler*innen, arbeitsfähige Strukturen in den Kiezen und jede Menge Unterstützung. Um diese Strukturen aufzubauen, haben wir das Kiezteam Neukölln gegründet.

Wir hoffen, dass du uns bei diesem Kraftakt unterstützt! Um dich richtig einbinden zu können und die Übersicht zu behalten, bitten wir dich untenstehend anzukreuzen, wo du dabei sein möchtest (Mehrfachnennung natürlich möglich) und uns das ganze per Mail zurückzuschicken (kiezteam_neukoelln@dwenteignen.de). Damit wir dich leichter kontaktieren können, schick uns bitte am besten auch deine Telefonnummer.

[ ] Ich möchte in der 2. Sammelphase Unterschriften sammeln (Ende Februar-Ende Juni 2021).

[ ] Ich möchte an anderen Aktionen (z.B. Plakatier-Aktionen, Kundgebungen, etc.). des Kiezteams Neukölln teilnehmen.

[ ] Ich möchte im Kiezteam mitarbeiten (d.h. organisatorische Aufgaben übernehmen, Teilnahme an regelmäßigen Treffen).

[ ] Ich bin Mitglied oder habe Kontakt zu anderen Mietinitiativen, politischen Gruppen etc., die „Deutsche Wohnen & Co enteignen“ ggf. unterstützen können (ein Hinweis, welche genau, wäre für uns sehr hilfreich)

[ ] Ich habe Kontakt zu einem Ort, an dem während der 2. Sammelphase Unterschriftenlisten ausgelegt werden können (ein Hinweis, welcher Ort das ist, wäre für uns sehr hilfreich)

Danke für deine Rückmeldung. Sprich dein Umfeld gerne auf unsere Kampagne an und leite diese Mail weiter. Unser Ziel für Neukölln, 25.000 Unterschriften, schaffen wir nur mit vielen Unterstützer*innen!

Holen wir uns die Stadt zurück!

Das Kiezteam Neukölln

 

Rückabwicklung der Mietenpolitik

Zur fragwürdigen Entscheidung von Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD), den SPDler Volker Härtig zum Vorstand der Wohnraumversorgung Berlin zu berufen (die die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften kontrolliert).

Die Wohnraumversorgung Berlin ist eine Konsequenz des Mietenvolksentscheids 2015, bisheriger Vorstand war Jan Kuhnert (Sprecher der Initiative Berliner Mietenvolksentscheid) im Duo mit der Sozialwissenschaftlerin und Mitbegründerin von Kotti & Co Ulrike Hamann. Mit Härtig folgt jemand ohne Bezug zur Mieter:innenbewegung, der sich als Gegner von mietenregulierenden Maßnahmen (wie Mietendeckel) und einer partizipativen Mitgestaltung von Mietenpolitk positioniert. Mit dieser Entscheidung rückt die Berliner SPD mit Giffey an der Spitze weiter nach rechts.

Siehe auch Bericht der taz, Presseerklärung von SenFin und Erklärung div. Mieten-Inis, das wir als Bündnis für bezahlbare Mieten unterstützen.

Der Mietendeckel ist da

Das Gesetz zum Mietendeckel (MietenWoG Bln) trat am 23.2.2020 mit der ersten Phase (Einfrieren Miethöhe auf Stichtag 18.6.19) und nun am 23.11.20 mit der zweiten Phase (Absenkung/Verbot überhöhter Mieten) in Kraft. Zweck ist die Stabilisierung der Berliner Wohnungsmieten bei ca. berechtigten 500 000 Mietparteien. Dazu erfolgt eine Begrenzung der Mieten auf max. 20% über der Mietobergrenze entsprechend der Wohnlage. Der Mietendeckel gilt zunächst für fünf Jahre.

Hier kann man/frau in das Thema Mietendeckel einsteigen:

Und so geht man/frau am Besten praktisch vor:

  • Auf der Tabelle „Mietendeckelrechner“ nachsehen, ob die eigene Wohnung mit einer überhöhten Miete (20% über zulässiger Obergrenze) betroffen ist.
  • Wohnungsamt im Bezirksamt hilft beim Überprüfen des Anspruchs
  • Vermieter anschreiben, falls nicht bereits automatisch über zustehende Mietsenkung von ihm informiert.
  • Bei fehlender Reaktion vom Vermieter das Wohnungsamt anschreiben. Wohnungsamt besorgt Feststellungsbescheid vom SenStadt Wohnen. Bescheid geht dann an Vermieter.
  • Vorsicht beim selbstständig Senken auf Verdacht wegen Kündigungsgefahr o. zivilrechtl. Prozeß.
  • Sicherheitshalber die eingesparte Mietdifferenz nicht ausgeben sondern zurücklegen falls Gesetz vom Bundesverfassungsgericht kassiert. Auch rückwirkende Reduzierung erst nach endgültiger Gerichtsentscheidung möglich (keine Fristen).
  • Unklar auch, ob Vermieter bei Bestehen auf Mietendeckel vermehrt Kündigungen u. Umwandelungen in Eigentumswohnungen versuchen werden.
  • Unklar ebenso, ob bei Neuvermietung neben der Mietendeckelmiete auch eine höhere „Schattenmiete“ (wenn Mietendeckel kassiert wird) erlaubt ist.